Ein Prozent der Menschen ist von der Von-Willebrand-Erkrankung betroffen. Karin Huber gehört dazu. Im Interview gewährt uns die 48-Jährige Einblick in ihren Alltag als sogenannte Bluterin.
Karin Huber
ist von der Von-Willebrand-Erkrankung betroffen. Ihrer Arbeit als Tierphysiotherapeutin geht sie trotz ihrer Krankheit mit Einsatz und voller Hingabe nach. www.freilauf-huber.ch
Sie sind von der Von-Willebrand-Erkrankung betroffen – wie kam es zur Diagnose?
Ich habe eine ältere Schwester. Als sie vier war, wurde die Blutgerinnungsstörung bei ihr festgestellt. Daraufhin untersuchte man auch meine Mutter, denn die Erkrankung wird vererbt. Sie war betroffen. Und so war schon zu meiner Geburt klar, dass auch ich an der Von-Willebrand-Erkrankung leiden könnte. Das Risiko dafür lag bei 50 zu 50. Tests bestätigten mein Erbe.
Wie zeigt sich die Erkrankung?
Typisch für die Erkrankung ist ein sogenannter Von-Willebrand-Faktor, der seinen Job nicht richtig macht: Je nach Ausprägung gibt es zu wenig von dem Bluteiweiss, es fehlt oder ist defekt. Das beeinträchtigt die Blutstillung der Schleimhäute, sodass insbesondere Nase, Zahnfleisch und Gebärmutter im Fall des Falles lange bluten. Auch oberflächliche Blutergüsse können auftreten, ebenso Muskel- und Gelenkblutungen.
Wie wurden und werden Sie behandelt?
Als ich klein war, gab es noch begrenzte Behandlungsmöglichkeiten für Bluterinnen und Bluter. Ich erinnere mich an etliche Besuche im Spital, da jeder Sturz mir hätte gefährlich werden können. Das Wort «Vorsicht!» begleitete mich überallhin. In der Schule durfte ich wegen des Verletzungsrisikos kaum am Sportunterricht teilnehmen – nur Schwimmen war erlaubt. Ich fühlte mich als Aussenseiterin. Seit ca. 25 Jahren, spritze ich mir ein gerinnungsförderndes Medikament prophylaktisch intravenös. Im Notfall spritze ich mir eine Extradosis, auch dann, wenn ich anschliessend ins Spital zur Behandlung fahre – noch immer sind sich nicht alle Ärztinnen und Ärzte der Tatsache bewusst, dass auch Frauen Bluter sein können.
Wie beeinträchtigt Ihre Erkrankung Sie im Alltag und wie gehen Sie damit um?
Lange fühlte ich mich der Krankheit gut gewachsen. Mit den langen Menstruationsblutungen hatte ich mich arrangiert. Wegen des erblichen Risikos verzichtete ich auf Nachwuchs. Ich arbeite in zwei mich erfüllenden Jobs: als Assistentin in einer Arztpraxis und als selbstständige Tierphysiotherapeutin. Doch dann wurde ich im Jahr 2020 an der Schulter operiert. Ein zentraler Katheter, der mir gelegt wurde, infizierte sich leider. Ich bekam eine Blutvergiftung und wäre fast gestorben. Seitdem leide ich zusätzlich an chronischer Erschöpfung und weiteren Folgen, welche meine Lebensqualität und die Arbeit stark einschränken. Meine geliebte Labrador-Hündin Ajari gibt mir Kraft.