Die Morbus-Fabry-Spezialistin Dr. Albina Nowak klärt über Therapien auf und schildert, was passieren würde, wenn Betroffene unbehandelt blieben.
PD Dr. Albina Nowak
Oberärztin Klinik für Endokrinologie Rare Diseases Universitätsspital Zürich
FMH Innere Medizin
FMH Nephrologie
FMH Pharmaceutische Medizin Diploma
Advanced studies in Pharmaceutical Medicine
© Foto: Universitätsspital Zürich
Was braucht es, damit Menschen mit Morbus Fabry ein gutes Leben führen können?
Zum einen braucht es eine krankheitsspezifische Therapie. Im Zuge der Enzymersatztherapie wird über eine Infusion, die zwischen 45 und 90 Minuten dauert, alle 14 Tage das bei Morbus-Fabry-Patientinnen und -patienten fehlende Enzym ersetzt. Es gibt ausserdem die Möglichkeit einer pharmakologischen Chaperontherapie, die, als Tabletten eingenommen, das defekte Enzym stabilisiert. Zusätzlich zu diesen krankheitsspezifischen Behandlungen braucht es häufig noch ergänzende Therapien, wie Blutdruck- und Cholesterinsenkung oder Schmerzmittel.
Warum ist es wichtig, möglichst frühzeitig mit einer Enzymersatztherapie zu beginnen?
Der richtige Zeitpunkt muss gut und vor allem nicht zu spät gewählt werden – Patientinnen und Patienten mit Morbus Fabry werden ja nicht schon als Babys erkannt und dann behandelt, sondern bei schweren Mutationen bei Jungs im Alter von sechs bis acht Jahren und bei Mädchen im Alter von 14 bis 16 Jahren; im Falle von leichten Mutationen wenn Männer adoleszent werden und bei Frauen überhaupt erst, wenn sie Krankheitsbeteiligung zeigen. Obwohl Morbus Fabry im Vergleich zur Vergangenheit heute bereits im jüngeren Alter diagnostiziert wird, haben viele Betroffene nach wie vor eine längere Odyssee hinter sich, bis die richtige Diagnose gestellt wird.
Was würde denn passieren, wenn Betroffene unbehandelt bleiben?
Betroffene ohne krankheitsspezifische Therapie haben eine kürzere Lebenserwartung. Wir schätzen, dass therapierte Patientinnen und Patienten um mindestens zehn Jahre länger leben. Denn wenn nicht therapiert wird, dann würde es zu schneller fortschreitenden Herz- und Nierenerkrankungen sowie zu Hirnschlägen kommen. Das heisst, Menschen mit Morbus Fabry hätten dann sowohl eine schlechtere Lebensqualität als auch eine niedrigere Lebenserwartung. Mit der Enzymersatztherapie haben Patientinnen und Patienten weniger Schmerzen und können ausserdem besser schwitzen und vertragen somit Hitze und körperliche Aktivität besser.
Was möchten Sie denn gerne unseren Leserinnen und Lesern als Botschaft mitgeben?
Wenn Sie unklare Symptome haben, gehen Sie zum Arzt und geben Sie nicht auf, bis Sie die richtige Diagnose erhalten. Denn es gibt immer wieder seltene Erkrankungen, wie Morbus Fabry, die sich hinter unklaren Symptomen verbergen. Es ist wichtig, die richtige Diagnose zu erhalten, weil man dann eine Behandlung durchführen kann, die zielgerichtet ist.
Morbus Fabry
Morbus Fabry ist eine seltene, genetisch bedingte und vererbbare Stoffwechselerkrankung. Die Krankheit wird bei Patient:innen durch einen Mangel, ein Fehlen oder die nicht vollständige Funktion des Enzyms Alpha-Galaktosidase verursacht. Dadurch sammeln sich Abfallprodukte in den Zellen an, die das Gewebe und wichtige Organe immer mehr schädigen. Charakteristisch bei den Patient:innen sind anhaltende, brennende Schmerzen in den Händen und Füssen sowie Kälte- und Hitzeüberempfindlichkeit und die Unfähigkeit zu schwitzen. Aufgrund der unspezifischen Symptome und Beschwerden wird die Erkrankung aber oftmals erst nach vielen Jahren erkannt.