Dr. Nicole Gusset
Präsidentin SMA Schweiz und Mutter zweier Töchter, wobei die ältere mit SMA lebt
© Foto: Philipp Wente
Neue innovative Therapien zeigen Lücken auf
Viele seltene Krankheiten sind fortschreitend, wie auch die Spinale Muskelatrophie (SMA). Ehemals eine der vielen Krankheiten ohne Behandlungsmöglichkeiten. Dann kamen in den letzten Jahren mehrere – sehr teure – Medikamente auf den Markt. Doch der Zugang zu diesen ist leider oft ein Spiessrutenlauf für den einzelnen Betroffenen.
Nachdem ein erstes Medikament für SMA zugelassen wurde, begann der Kampf um die Vergütung der Therapie. Erst einige Monate später wurde die Therapie für Kinder und Jugendliche durch die IV bezahlt. Doch die älteren Betroffenen, die schon Jahre auf eine Stabilisierung ihres Zustandes hofften, mussten weiter warten. Sie mussten weiterhin miterleben, wie sie eine motorische Funktion nach der anderen verloren: wie beispielsweise die Fähigkeit, vom Bett in den Rollstuhl zu transferieren oder zu schlucken.
Die Patientenorganisation SMA Schweiz hat sich unermüdlich für den Zugang zu Therapien für alle Betroffenen eingesetzt und stetig versucht, den Kontakt mit allen Beteiligten herzustellen – den Ärzten, dem Bundesamt für Gesundheit BAG und der Pharmaindustrie. Doch es war schwierig, insbesondere mit dem BAG, ins Gespräch zu kommen. Schliesslich blieb einzig der Weg über ein Akteneinsichtsverfahren, um indirekt Gehör zu finden. «Es ist eine verpasste Chance, dass Patient Advocates nicht systematisch ihr Expertenwissen zur Situation und den Bedürfnissen der Betroffenen einbringen können. Hierbei geht es nicht darum, weinend vor den Behörden zu sitzen, sondern darum, gesammelte Fakten zum Leben mit der Erkrankung darzulegen», erklärt Nicole Gusset, Präsidentin von SMA Schweiz. Leider dauerte es noch fast zwei Jahre, bis das BAG und die verantwortliche Pharmafirma endlich eine Einigung erzielen konnten und die Therapie schliesslich von den Krankenkassen auch für ältere Betroffene vergütet werden musste.
Sollen denn solch teure Therapien für Menschen bezahlt werden, die nicht gehen können und beatmet werden? «Oft werde ich direkt oder indirekt mit dieser Frage konfrontiert. Therapien lohnen sich aus Sicht des Betroffenen und seines Umfeldes immer, wenn sie die Lebensqualität des Einzelnen positiv beeinflussen. Und bei einer progressiven Erkrankung kann das die Aussicht darauf sein, dass sich der Krankheitsverlauf stabilisiert», sagt Nicole Gusset. Doch genau hier tut sich eine weitere Lücke auf: Stabilisierung ist in unserem System meist nicht genug.
Diese Geschichte ist exemplarisch. Sie zeigt auf, dass selbst wenn ein Medikament zugelassen ist – und damit als sicher und wirksam erachtet wird –, dieses nicht direkt für den Patienten zugänglich ist. Oft wütet ein jahrelanger Kampf auf den Schultern der Betroffenen zwischen den Behörden und der Pharmaindustrie, währenddessen die Bedingungen zur Vergütung ausgehandelt werden. Die Patienten warten in dieser Zeit ohne Therapie, während sich die Krankheit kein Time-out nimmt.
SMA Schweiz – Schweizerische Patientenorganisation für
Spinale Muskelatrophie (SMA)
SMA Schweiz setzt sich dafür ein, dass Therapien für Betroffene möglichst schnell vom Labor zum Patienten gelangen. Hierzu arbeitet SMA Schweiz national und international mit allen Interessengruppen eng zusammen und vertritt die Anliegen der Betroffenen.
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